Weiterhin kochen die Emotionen rund um die Verschiebung des Feuerwehrgerätehauses Kaufering hoch. In einer außerordentlichen Dienstversammlung wurde die Mannschaft über den aktuellen Stand und die Folgen für den Dienstbetrieb informiert.
Stellen Sie sich vor Sie sind Schulbusfahrer: Gleich müssen Sie wieder 50 Kinder und Jugendliche in die Schule fahren. Jedes Mal begleitet Sie ein mulmiges Gefühl. Die Hauptuntersuchung ist seit Jahren fällig, die Türen schließen nicht, der Boden ist durchgerostet, das Radprofil ist auf der Karkasse und der Motor springt nur noch mit viel Glück an. Fahren müssen Sie wieder im Stehen, denn der Fahrersitz ist bereits vor Monaten defekt ausgebaut worden. In dichtem giftigen Dieselrauch eingenebelt, fahren Sie Ihre Tour. Das Sie dabei literweise Öl verlieren interessiert Sie schon lange nicht mehr. Die erste Haltestelle erscheint am Horizont, anhalten können Sie nicht, die Bremsen gehen nicht mehr.
Würden Sie mit solch einem maroden Fahrzeug noch fahren? Sicherlich nicht. Von den ehrenamtlichen Bürgerinnen und Bürgern aus Kaufering, die sich in ihrer Freizeit für die Freiwillige Feuerwehr engagieren, um Menschen in der Not zu helfen, wird jedoch genau das verlangt. Dabei geht es nicht mal um den Fuhrpark, denn der ist gut gewartet und wird durch zwei Gerätewarte gepflegt. Es geht um das marode Feuerwehrhaus in der Florianstraße. Jüngst hatte die Marktgemeinde den dringend notwendigen Neubau des Gerätehauses mindestens auf 2027 geschoben. Ein Jahr nach der nächsten Bürgermeister- und Marktgemeinderatswahl, ein Schelm wer jetzt Böses denkt.
Über drei Millionen Euro wurden bereits investiert. Rund 16,5 Millionen Euro soll der Bau insgesamt kosten. Nach Abzug aller Förderungen, einem möglichen Verkauf der Grundstücke an der Florianstraße und der aktuell geleisteten und für 2024 eingeplanten Zahlungen bleibt am Ende noch ein Investitionsvolumen für die Gemeinde von rund zwei Millionen Euro – problematisch ist die Zwischenfinanzierung, bis die Fördergelder da sind. Und dafür fehlt das Geld im Haushalt, so Kauferings 1. Bürgermeister Thomas Salzberger in einer Erklärung der Marktgemeinde zur Verschiebung des Feuerwehrhauses.
Jetzt schmollen sie halt
Sicher wird sich der Eine oder Andere Leser denken, ja jetzt schmollen sie halt die Feuerwehrler, weil Sie das neue “riiiiieeeeeesige” Gerätehaus nicht bekommen. Dazu sei folgendes erwähnt; niemand aus der Feuerwehr wollte einen Architektenwettbewerb oder Klimbim. Und das ist das neue Gerätehaus auch nicht. Es entspricht von den Abmessungen gerade den Normvorgaben für ein Feuerwehrhaus, lediglich die Klinkerfassade ist ein “Luxus”, der dem Wettbewerb geschuldet ist – aber preislich nicht der Treiber ist. Viel kritischer sieht es tatsächlich jetzt aus, denn am alten Gerätehaus dürfen kaum Sanierungsarbeiten durchgeführt werden – gefährdet ist hier der Bestandsschutz, der dann wegfällt. Und wenn wir schon beim alten Gerätehaus sind, kommen wir zum eingangs erwähnten Bus zurück.
Gravierende Mängel
Denn bereits seit 2012 weist die KUVB auf die mangelhaften Zustände im Gerätehaus hin. Zuletzt erhielt die Marktgemeinde im Dezember 2018 die schriftliche Anweisung, die festgestellten Sicherheitsmängel unverzüglich abzustellen – es steht nichts weniger auf dem Spiel als die Gesundheit der Feuerwehrdienstleistenden.
Auszugsweise ein paar Mängel:
- Stolpergefahren am Alarmparkplatz (der viel zu klein ist)
- Rutschige Böden im Feuerwehrgerätehaus mit erheblichen Sturzrisiko
- Kreuzende Wege
- Stolpergefahren Treppe zur Halle
- Rutschiger Hallenboden
- Dieselemissionen (2012)
- Gefahr durch Umkleiden in den Fahrzeughallen
- Quetschgefahr an den Toren
Die Liste kann weiter fortgesetzt werden. Diese und die vielen anderen teils erheblichen Mängel sind der Marktgemeinde seit Jahren bekannt – beseitigt wurde bisher GAR NICHTS (Anm. d. Autors: Die Marktgemeinde Kaufering hat einzelne Maßnahmen unternommen, unter anderem wurde eine Abgasabsauganlage installiert. Weitere Maßnahmen werden geprüft). Die Gesundheit der Freiwilligen wird sehenden Auges gefährdet und wissentlich in Kauf genommen. Nun hat sich die KUVB erneut angemeldet und diesmal wird es sicherlich nicht bei einem Mängelbrief bleiben.
Na dann renoviert halt die alte Wache!
Die alte Wache kann nicht mehr saniert werden, auch darauf weist die KUVB deutlich hin. Das Gebäude und vor allem der ehemalige alte Bauhof entsprechen bereits jetzt nicht mehr den notwendigen Mindestanforderungen der KUVB an ein Feuerwehrgerätehaus. Bei Baumaßnahmen würde der noch vorhandene “Bestandsschutz” verloren gehen – die gröbsten Mängel wären zwar abgestellt, der Dienstbetrieb dürfte jedoch nicht mehr stattfinden.
Wie wäre ein “günstigerer” Neubau?
Auch hier wäre das bereits investierte Geld (immerhin mindestens drei Millionen Euro Steuergelder) verloren gegangen. Auch müsste alles wieder neu starten, Planung, Ausschreibung, Förderanträge und so weiter. Ob die Kosten dann wirklich günstiger wären, ist auszuschließen.
Planungen gehen weiter
Und während die Entscheidung zum Baubeginn auf 2027 verschoben wurde, sollen im Mai trotzdem die Bagger anrücken. Die Lärmschutzwand wird abgetragen, die Straßenführung ertüchtigt und die Fläche für das “zukünftige Gerätehaus” planiert. Im Mai diesen Jahres wohlgemerkt. Bis dann eine finale Entscheidung zum Bau- oder eben Nichtbau fällt, gibt es dann Brachland. Wenn es dann tatsächlich zu einem Baubeginn kommt, muss die Natur wieder zurückgedrängt werden.
Besonders frustrierend für die Wehrmänner und Frauen ist die plötzliche, unerwartete Verschiebung. Während im November und zuletzt Dezember 2023 noch mehrheitlich für Bauantrag und Baubeginn gestimmt wurde – wurde am 17. Januar 2024, also nicht mal einen Monat später plötzlich die Notbremse gezogen. Nichtöffentlich.
Für die ehrenamtlichen Männer und Frauen, die jedes Jahr viele Stunden Freizeit opfern um Einsätze, Übungen, Ausbildung und Sicherheitswachen zu leisten, ein klarer Schlag ins Gesicht und ein deutliches Signal, wie dieses Engagement gewertet wird.
Über den Autor
Seit 1992 bin ich als ehrenamtliche Einsatzkraft in verschiedenen BOS Organisationen tätig gewesen. Vom Technischen Hilfswerk (THW) über den Rettungsdienst bis zur Freiwilligen Feuerwehr (Mindelheim, Kaufbeuren, Irsingen und Kaufering) in verschiedensten Funktionen und Aufgaben. Auch bei der Planung und Bau des Feuerwehrgerätehauses Irsingen war ich in das Entscheidungsgremium eingebunden und habe den damaligen Baufortschritt begleitet und dokumentiert.